Gefährdung der Schüler, SeniorInnen und Anwohner im Riederwald durch die Stadt Frankfurt - Offener Brief der BIR

Wir hatten im Sommer mit 600 Unterstützern eine sehr erfolgreiche Aktion über das Portal der Stadt "Frankfurt fragt mich" durchgeführt. Die erste Resonanz darauf fiel im Rahmen des Besuchs von OB Feldmann im August positiv aus.
Zwischenzeitlich erreichte uns auch die "offizielle" Antwort der Stadt innerhalb des Portals. Die schon fast eiskalte Züge erreichende Ausschlagung jeglicher Unterstützung an die Frankfurter des Riederwalds können wir so auf keinen Fall stehen lassen, gerade auch weil die Stadt selbst doch am meisten betroffen ist! Deshalb wenden wir uns mit dem beigefügten Schreiben nun direkt an die politisch Verantwortlichen!

Zum offenen Brief und zum Presseecho:

Offener Brief der BIR:

Frankfurt, den 20. Oktober 2015

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Feldmann, sehr geehrte Stadtverordnete aus dem Verkehrsausschuss, sehr geehrte Umweltdezernentin Stadträtin Heilig, sehr geehrter Planungsdezernent Bürgermeister Cunitz, sehr geehrter Verkehrsdezernent Stadtrat Majer, sehr geehrte Bildungsdezernentin Stadträtin Sorge, sehr geehrte Schulleiterin Frau Wehr (Pestalozzischule), sehr geehrte Hortleiterin Frau Koch (Kids an der Pestalozzischule und sehr geehrter Ortsvorsteher Skrypalle (OBR 11),

Nachdem Landesverkehrsminister Al-Wazir sich bei seinem Besuch im Riederwald im letzten Jahr wie auch danach wenig aufgeschlossen zeigte, die bisherigen Versäumnisse bei der Baustellenführung zum Riederwaldtunnel anzugehen, war es selbstverständlich, dass sich die Bürger des Riederwalds nach dem Subsidiaritätsprinzip an die Stadt Frankfurt wenden. Umso mehr, da hier auch die Stadt ihre Interessen durchsetzen sollte. Betroffen sind tatsächlich nämlich zahlreiche städtische Einrichtung. Im Baustellenbereich liegt das Gebäude der Pestalozzischule mit dreizügiger städtischer Grundschule, städtischem Kindergarten und städtischem Hort sowie dem Hort des Trägers Kids. Außerdem betroffen sind die Wohngebäude der städtischen ABG (inkl. Wohnheim), die mit vielen kinderreichen Familien belegt sind, und nicht zuletzt natürlich auch die Seniorenwohnanlage der städtischen ABG in der Vatterstraße. Eine weitere Seniorenwohnanlage des VBS ist ebenfalls betroffen.

Glücklicherweise möchte die Stadt Frankfurt uns, die Bürgerinnen und Bürger, direkt in Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse einbeziehen, um unser Lebens- und Arbeitsumfeld mitzugestalten, wie es wortwörtlich auf dem Portal "Frankfurt fragt mich" heißt. Prompt wendeten sich innerhalb weniger Wochen 600 Bürger des Riederwalds über dieses Forum hoffnungsvoll an Sie, liebe Vertreter der Stadt. Es geht für viele von uns um existenzielle Bedürfnisse, dementsprechend groß war die Unterstützung. Die Antwort in FFM kam dann aber einer glatte Ohrfeige an alle Beteiligten gleich!

Link (runterscrollen für Stadtteilinitiative der Bürger und Antwort der Stadt Frankfurt): https://www.ffm.de/frankfurt/de/ideaPtf/45035/single/431

Obwohl dies die bisher erfolgreichste Stadtteilinitiative auf dieser Plattform war, wurden wir tatsächlich eiskalt mit leeren Worthülsen abgespeist. Dabei wurden selbst Punkte, die ohne Kosten ausgekommen wären, nicht angegangen. Auch kommt es offensichtlich nicht zu dem erforderlichen Dialog mit dem Land Hessen.

Dies tut unserem Stadtteil weh, da wir gerade von Seiten der kommunalen Politik in den letzten Monaten Signale des Engagements feststellten. Der OBR 11 hat sich ohnehin durch sein unermüdliches Engagement hervorgetan. Auch die CDU-Stadtverordneten mit Herrn Heuser versicherten uns im persönlichen Gespräch, dass sie sich gerade für die Pestalozzischule einsetzen würden. Die Dezernenten Majer, Heilig und Sorge schrieben einen "Beschwerdebrief" an das RP Darmstadt wegen der massiven Lärmüberschreitungen bei den Proberammungen im Herbst 2013. Oberbürgermeister Feldmann sicherte uns im Rahmen seines Besuchs im August zu, Verkehrsminister Al-Wazir für die kritische Lage im Riederwald zu sensibilisieren - was leider mehr als notwendig ist! Außerdem versprach er, einen Budgetvorschlag für eine Immissionsmessstation einzubringen.

Diese Zusage betrifft mit den Überschreitungen der Stickstoffdioxid (NO2)-Grenzwerte ein zentrales Problem im Riederwald, denn erhöhte NO2-Werte sind gesundheitsgefährdend und schädigen laut BUND e.V. insbesondere die Atemwege. Bei Kindern können chronische Bronchitis und Asthma die Folge sein. Das Land Hessen hat im Riederwald bereits Überschreitungen der Grenzwerte gemessen, was sich in der langjährigen Baustellenphase noch gravierend verschärfen wird. Die Bürger und Einrichtungen des Stadtteils haben ein klar geregeltes Recht darauf - EU-Recht - dass dieser Umstand ordentlich untersucht wird. Die EU-Kommission hat wegen der dauerhaften Grenzwertüberschreitungen auch an anderen Stellen in Deutschland jüngst ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Um die umfassende und ordnungsgemäße Dokumentation der NO2-Werte vor, während und nach der Bauphase zu gewährleisten, kann und muss die Stadt Frankfurt umgehend eine mobile Immissionsmessstelle am Erlenbruch einrichten. Diese sollte so schnell wie möglich von einer stationären abgelöst werden.
Darauf bestehen wir.

Beim Thema Lärmschutz erreicht die Verharmlosung in der Antwort der Stadt Frankfurt schon zynische Züge. Hintergrund: Bei den Proberammungen erreichten die Belastungen bei der Seniorenwohnanlage in der Vatterstraße über 80 dB. Das ist nach geltendem Recht bereits Körperverletzung! Deshalb ist das Einrichten von dauerhaften Lärmmessstellen an wichtigen Punkten unumgänglich.

Die Aussage, dass eine zeitnahe Veröffentlichung der künftig gemessenen Lärmbelastungen im Internet nicht möglich sei, halten wir für geradezu absurd. Spätestens hier stellt sich die Frage, in welcher Weise dieses Antwortschreiben zustande kam, denn das Land Hessen überprüft bereits, ob dies möglich wäre, was nicht zuletzt auf das Beharren der BIR(iederwald) auf dieser Forderung zurückgeht. Beim Thema Lärmschutz fällt die Stadt den Bürgern buchstäblich in den Rücken, dabei geht es im Baustellenbereich in erster Linie um städtische Wohnungen und Einrichtungen. Unglaublich! Zusätzlich werden wir Bürger als inkompetent dargestellt: Wir werden belehrt, dass nach der AVV-Baulärm Durchnittswerte gebildet werden. Wie wir auf unserer Homepage zeigen, hat dies Herr Ingenieur Rottmann korrekt gemacht, sowohl bei den Lärmüberschreitungen im Riederwald als auch bei den darauffolgenden an der Hallgartenschule am Bornheimer Hang (Rammarbeiten für das AD Erlenbruch). Erstaunlicherweise waren es weder Land noch Stadt, die die Lärmüberschreitungen an den Schulen öffentlich machten, sondern die Bürgerinitiativen. Bei der Offenlegung bürgerrelevanter Informationen erwarten wir künftig auch von Seiten der Stadt ganz klar eine umfassende Unterstützung! Denn wir halten es für inakzeptabel, dass Lärmmesswerte erst 5 Monate nach Vorliegen veröffentlicht werden, so wie es seitens Hessen Mobil im Rahmen der Proberammungen praktiziert wurde. Zur Lärmüberschreitung an der Hallgartenschule erklärte der Dezernatsleiter von Hessen Mobil damals gegenüber der Frankfurter Rundschau, er wisse nichts von Lärmüberschreitungen. Dieses Verhalten der oberen Landesbehörde ist sicherlich nicht nur aus unserer Sicht vollkommen unverantwortlich und sollte künftig so auch von der Stadt nicht mehr geduldet werden!

Eine Konsequenz dieser Erfahrungen war und ist die Forderung nach einem Krisenstab, der sich aus Vertretern von Stadt, betroffenen Bürgern, Senioren- und Kindereinrichtungen sowie dem Land als Bauträger zusammensetzt. Dieser Krisenstab soll im Notfall sofort tagen und sich um Abhilfe bei Versäumnissen bemühen. Diese geforderte Maßnahme kostet die Stadt keinen Cent, trotzdem wird sie in der Antwort über FFM nicht einmal erwähnt.

Ein weiterer Punkt, der in der Antwort der Stadt nicht zufriedenstellend beantwortet wurde, ist die Frage der Zuständigkeiten. Zur Erinnerung: Bei den Proberammungen befanden wir uns in einer Endlosschleife der Zuständigkeit zwischen Umweltdezernat und Bauaufsicht. Hier braucht es eine ganz klare Zuordnung der Zuständigkeiten bis zur Instanz für die Ergreifung des ultimativen Mittels, eines Baustopps. Auch dies bleibt uns die Antwort der Stadt schuldig. Auch stellte sich zu unserer Verwunderung heraus, dass die Stadt nicht über ein eigenes Lärmmessgerät verfügt. Die Stadt muss handlungsfähig sein und wir erwarten, dass dies auch den betroffenen Bürgern z.B. im Rahmen von Ansprechpersonen und Möglichkeiten kommuniziert wird.

Schlussendlich: Das Thema Lärmschutzfenster mit Belüftungsanlagen muss sofort angegangen werden. Hier muss die Stadt Frankfurt umgehend mit dem Land Hessen Lösungen finden, sonst ist es zu spät. Absehbar sind bereits jetzt die erhöhten Lärmbelastungen, die dadurch entstehen, dass die U-Bahntrasse mitsamt U-Bahnstation Schäfflestraße und Gleisdreieck in Richtung der Schule und der Wohnblöcke verlegt wird (zusätzlich zum Baustellenlärm). Betroffen sind wiederum die Kinder in der Pestalozzischule und zahlreiche Anwohner - inklusive der Bewohner der Seniorenwohnanlage Vatterstraße 48. Diese zusätzlichen Lärmimmissionen können bereits jetzt berechnet werden und sind somit planungsrelevant. Hier brauchen alle Betroffenen die ihnen gesetzlich zugesicherten Schutzmaßnahmen im Rahmen eines bis dato nicht vorliegenden Planungskonzeptes. Warum ist hier noch nichts geschehen?

Die Antwort auf unsere Idee im Rahmen von FFM - mit ihren 600 Unterstützern aus dem Riederwald - suggeriert, dass die Stadt Frankfurt beabsichtigt, ihre Bürger während der 7-jährigen Bauphase vollumfänglich im Stich zu lassen. Hingegen wurde uns von politischer Seite durchaus schon Interesse und Sympathie bekundet, Handlungsbereitschaft signalisiert und Unterstützung in Aussicht gestellt. Wir erwarten nun, dass die aufgezeigten Problemfelder unverzüglich ernsthaft und im Sinne der Stadt und ihrer Bürger angegangen werden.

Bitte teilen Sie uns Riederwäldern ihren Standpunkt sowie Ihr geplantes weiteres Vorgehen mit, und lassen Sie uns bitte wissen, wann wir mit einer Antwort rechnen können.

Mit freundlichen Grüßen, für die BIR(iederwald)

Rainer Frey, Görresstraße 24, 60386 Frankfurt
Stefan Bohm, Engelsplatz 11, 60386 Frankfurt
Peter Bühl, Vatterstraße 38, 60386 Frankfurt

Presseecho:

FNP vom 23.10.2015: BI fordert einen Krisenstab

(Artikel der FR "Mehr Lärmschutz" nicht online)

und FNP vom 13.08.2015 zum Besuch von Feldmann - Ein trügerisches Idyll

   
© Bürgerinitiative Riederwald