Offener Brief

Am 06.06.2012 wurde unser offener Brief an den Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Dr. Peter Ramsauer und hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier den 665 während der Unterschriftenaktion gesammelten Unterschriften verschickt. 
Der Brief wurde außerdem verschickt an:

  • Hessischer Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung Florian Rentsch
  • Oberbürgermeisterin Petra Roth
  • Designierter Oberbürgermeister Peter Feldmann
  • Verkehrsdezernent Stefan Majer Planungsdezernent Olaf Cunitz
  • Stadtverordnetenvorsteherin Frau Dr. Weylan
  • FDP Fraktion Frankfurt
  • Die Linke Fraktion Frankfurt
  • CDU Fraktion Frankfurt
  • Grüne Fraktion Frankfurt
  • SPD Fraktion Frankfurt
  • Piratenpartei Fraktion Frankfurt
  • Ortsvorsteher des Ortsbeirats 11 Werner Skrypalle

Sehr geehrter Herr Verkehrsminister Ramsauer,
sehr geehrter Herr Ministerpräsident Bouffier

wir wenden uns an Sie in einem offenen Brief, da Sie die Verantwortlichen für den Autobahnbau im Frankfurter Osten (Lückenschluss A66/A661) sind. Die Dringlichkeit des Anliegens spiegelt sich in den 665 Unterschriften der knapp 5000 Riederwälder für diesen Brief wider.

Wir sind Bürgerinnen und Bürger sowie Institutionen aus dem Riederwald, dem Stadtteil Frankfurts, der sowohl von der Bauphase des Riederwaldtunnels und des Autobahndreiecks „Am Erlenbruch“ (acht Jahre geplante Bauzeit plus X) als auch von den späteren Auswirkungen des Autobahndreiecks in Hinblick auf Lärm und Abgase mit Abstand am stärksten betroffen ist. 

Es besteht allerorts breiter Konsens, dass ein solches Bauwerk nicht mitten in eine Stadt gehört, allerdings ist es aufgrund des Planungsstandes nun auch unbestritten, dass dieses Bauwerk kommt. Es sollte dann aber auch selbstverständlich sein, dass die daraus resultierenden Belastungen so niedrig wie möglich gehalten werden müssen, was bisher nicht gewährleistet ist. Da derzeit die Planungen teilweise überarbeitet werden (nicht zuletzt aufgrund von Klagen), gäbe es jetzt ein kurzes Zeitfenster, Pläne im Konsens von Bund und Land auf der einen Seite sowie Stadt und Bürgern auf der anderen Seite zu erstellen.

Was den Lärmschutz anbelangt, so wurde bisher im Widerspruch zur bestehenden Rechtslage mit zu niedrig angesetzten Verkehrsprognosen gearbeitet, darunter auch ein zu geringer Anteil des Aufkommens an Schwerverkehr. Gleichzeitig wurde die Wirkung der vorgesehenen Lärmschutzmaßnahmen höher als gesetzlich festgestellt veranschlagt (siehe von Bürgern im Rahmen des AUA privat finanzierte Studien, die reihenweise Gesetzesverstöße bei der Planung dokumentieren, siehe Anhang). Als Lärmschutz im Bereich des für den Riederwald entscheidenden Autobahndreiecks wurde bisher nur der simpelste Lärmschutz vorgesehen: Gerade Wände zwischen vier und sechs Metern Höhe – und dies, obwohl deren Schutzwirkung bekanntlich äußerst gering ist. Auch der direkt im Riederwald auftretende Tunnelmundeffekt (in Schul- und Seniorenheimnähe) und die gesetzlich vorgeschriebene Sonderberücksichtigung von Rampen mit über fünf Prozent Steigung wurde bisher von der Planungsbehörde Hessen mobil gänzlich unterschlagen. Trotz veralteter und teils rechtswidriger oder fehlerhafter Verkehrs- und Lärmschutzprognosen legte Hessen mobil im letzten Jahr dar, dass bei ihren Planungen bereits knapp 400 Wohnungen im Riederwald einen Lärm zu erwarten haben, der das gesetzlich vorgeschriebene Niveau deutlich übersteigt. Auch bei den nun neuen Planungen besteht wieder die Gefahr, dass es wieder zu Abweichungen von gesetzlichen Standards zu Lasten der Riederwälder kommt.

Diese Problematik ist auch der Stadt Frankfurt bekannt. Sie gab im April dieses Jahres ein Einhausungsgutachten für diesen Bereich in Auftrag. Sollten die Behörden von Bund, Land und Kommune weiterhin nebeneinander statt miteinander planen, ist dieses allerdings wertlos, weil noch nicht einmal die Fundamente für eine sofortige oder spätere Einhausung gebaut werden. Sehr geehrter Herr Ramsauer, sehr geehrter Herr Bouffier, bitte überprüfen Sie diesen Sachverhalt und leiten Sie jetzt noch schnell die erforderlichen Schritte ein, wir wollen unser Recht, unseren Schutz!

Auch die Bauphase stellt die Riederwälder auf eine harte Probe. Aus den geplanten acht Jahren können aufgrund der Komplexität von Tunnel und Autobahndreieck schnell zwölf oder noch mehr Jahre werden. Umso wichtiger ist, dass die Erfordernisse des Riederwalds während der Bauphase Berücksichtigung finden. Exemplarisch ist hier zu nennen, dass die Überführung von Baugrube und U-Bahn zur Schule auch die stark mit Fernverkehr belastete Ausweichstraße (von „Am Erlenbruch“) umfasst. Da die Ausweichstraße mit ihrem Durchgansverkehr und die umgeleitet Stadtbahn an die Schule herangerückt wird, ist hier ein Lärmschutz der Schule mit ihrem Schulgarten unabdingbar. Um das Leben im Stadtteil und die Geschäfte in der Bauphase zu schützen, ist es weiter zwingend, dass die Überführungsrampe in die Riederwälder „Hauptstraße“ die Schäfflestraße mündet. Dazu könnte diese beispielsweise gebogen konstruiert werden. Auch muss die ursprünglich versprochene spätere Umwandlung der Straße „Am Erlenbruch“ in eine Anwohnerstraße wieder das Ziel sein (wurde fallen gelassen). Das wurde den Riederwäldern bereits fest zugesagt und ist wenigstens eine kleine Kompensation für die in den kommenden Jahren zu erwartenden Belastungen! Lieber Herr Ramsauer, lieber Herr Bouffier, auch bei diesen Sachverhalten liegt das Schicksal der Riederwälder in Ihrer Hand!

Lieber Herr Ramsauer, lieber Herr Bouffier, bitte greifen Sie unser Bürgerengagement jetzt auf! Wir wollen an der Zukunftsgestaltung konstruktiv mitarbeiten. Lassen Sie dies zu, wagen Sie es! Es ist niemandem geholfen, wenn wir uns nach Fertigstellung auf die Suche machen, wer die Situation zu verantworten hat und wie schnell und „günstig“ Abhilfe geschaffen werden kann. Stuttgart 21 und die neue Landebahn am Frankfurter Flughafen zeigen, dass es nahezu unmöglich ist, später noch einen Konsens unter den beteiligten Parteien herzustellen!

Wir warten auf Ihr Angebot. Bekunden Sie Ihren Willen zu helfen, benennen Sie uns Ansprechpersonen bei Bund und Land. Damit können wir den Bau beschleunigen und eine ausgewogene Lösung der Probleme ermöglichen.

Bitte geben Sie uns doch eine persönliche Rückmeldung, dass Sie den Brief erhalten haben und prüfen. Da die Zeit drängt, bitten wir Sie nachdrücklich darum, dass Sie uns in den kommenden drei Wochen konkrete Maßnahmen zur Abstellung der evidenten Mängel unterbreiten. Wir werden Ihre Rückmeldung im Rahmen einer Pressekonferenz am 23. Juni den Riederwäldern und der Presse kundtun.

icon Offener Brief an Ramsauer & Bouffier der BI Riederwald_06.Juni.2012

   
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