"Wir haben die besseren Karten"

Friedhelm Ardelt-Theeck

Friedhelm Ardelt-Theeck glaubt an eine komplette Einhausung am Erlenbruchdreieck – Hessen Mobil sieht aber Vorgaben erfüllt.


Zurzeit lässt das Land Hessen neue Verkehrsuntersuchungen rund um das geplante Autobahndreick von A 66 und A 661 am Erlenbruch erstellen. Dabei wird erstmal das Verkehrsaufkommen bis zum Jahr 2025 betrachtet. Darüber, was das für den Fortgang der Arbeiten und die Zukunft am Riederwaldtunnel und am Dreieck bedeutet, sprach FNP-Mitarbeiter Andreas Haupt mit dem für den Tunnel zuständigen Dezernenten für den Tunnelbau bei Hessen Mobil, Jürgen Semmler, und dem Sprecher des Aktionsbündnisses Unmenschliche Autobahn, Friedhelm Ardelt-Theeck.

 

Erwarten Sie, dass durch die neuen Untersuchungen ein besserer Lärmschutz nötig wird?

JÜRGEN SEMMLER: Zu den Ergebnissen der Verkehrsuntersuchung können wir zurzeit keine belastbaren Aussagen treffen. Das wäre spekulativ. Die weitere Bearbeitung wird jedoch auf der Grundlage der aktuellen Verkehrszahlen erfolgen. Bezüglich Alleenspange und -tunnel planen wir zurzeit nichts. Ungeachtet dessen werden sie aber bei der Verkehrsuntersuchung berücksichtigt.

FRIEDHELM ARDELT-THEECK: Wir lassen uns nicht einlullen. Der Riederwaldtunnel wird den Alleentunnel, also die Weiterführung der A 66 bis zur Miquelallee, erzwingen. Dieser wurde auch 2005 mitberechnet, die Zahlen aber der Öffentlichkeit vorenthalten. Der Alleentunnel bedeutet etwa 30 000 Fahrzeuge pro Tag mehr auf der Ostumgehung zwischen Bornheim und Seckbach, somit auch mehr Lärm und Schadstoffe. Wird die Autobahnspange bis zur Rat-Beil-Straße offen und nicht als Tunnel gebaut, muss dort mit 20 000 Fahrzeugen täglich gerechnet werden. Da die Lärmgrenzwerte schon jetzt und trotz zu gering berechneter Lkw-Anteile teils drastisch überschritten werden, müssen wir von noch höheren Überschreitungen ausgehen. Mehr Lärmschutz ist also nötig.

Ortsbeiräte fordern einen Baustopp, weil sie erwarten, dass die Planungen noch einmal überarbeitet werden müssen.Ist ein Baustopp sinnvoll?

SEMMLER: Die vorbereitenden Arbeiten sind zur Fortführung der Planung der Gesamtmaßnahme erforderlich. Die Ergebnisse dieser Arbeiten werden benötigt, um Auflagen aus dem Planfeststellungsbeschluss vom 6. Februar 2007 – zum Beispiel die Beibehaltung der natürlichen Grundwasserströmung – zu erfüllen. Diese Maßnahmen liefern weitergehende Informationen zum Grundwasser und den Bodenkennwerten und werden für die Bemessung der Fundamente und Baugruben benötigt. Die derzeitigen Arbeiten stehen insofern nicht in direktem Zusammenhang mit den Planänderungsverfahren für den Riederwaldtunnel. Aber sie berücksichtigen, dass vielleicht an der ein oder anderen Stelle etwas geändert werden muss. Nach Abschluss der Planänderungsverfahren und den Erkenntnissen aus den zurzeit laufenden Arbeiten kann dann der Bau bald beginnen.

ARDELT-THEECK: Ein Gutachten von Hessen Mobil belegt, dass die 2011 vorgestellten Maßnahmen nicht ausreichen. Die Trogwände zum Riederwaldtunnel wie auch die Brücken können noch höhere Lärmschutzwände nicht tragen. Hier muss umgeplant werden. Außerdem plant die Stadt Frankfurt die Einhausung der nördlichen A 661 und lässt südlich des Erlenbruchs den Bau einer Einhausung prüfen. Erst die Autobahn neu bauen, um sie dann wieder in Baustellen für die Einhausungen umzuwandeln, wäre ein Schildbürgerstreich.

Angesichts der gerade neu erstellten Verkehrsuntersuchung – ist der jetzige Zeitplan einer Fertigstellung 2020 einzuhalten?

SEMMLER: Die Verkehrsuntersuchung erfolgt unabhängig von den weiteren vorbereitenden Arbeiten. Durch sie wird insofern der Fertigstellungstermin also nicht beeinflusst.

ARDELT-THEECK: Eigentlich sollte schon im Jahr 2010 alles fertig sein. Noch immer laufen Klagen gegen den Bau. Die neuen Planänderungsverfahren für A 66 und A 661 können erst beginnen, wenn über die Maßnahmen abschließend entschieden wurde. Sonst besteht die Gefahr, dass es erneut vor Gericht geht, weil wieder falsch geplant wurde. Das wäre doch Irrsinn. Hier sollen vollendete Tatsachen geschaffen werden, auch ohne Rechtssicherheit. Der Bund baut auf eigenes Risiko – und auf das der Steuerzahler. Einhausungen sind zwingend notwendig. Die Planungen dafür werden mehrere Jahre brauchen. Solange müssen die Grünzüge Erlenbruch, Teufelsbruch und Fechenheimer Wald unangetastet bleiben. Schon 2009 wurde ohne Not die Trasse bis zum Riederwaldtunnel gerodet – ohne dass gebaut wurde. Seit 23 Jahren herrscht entlang der A 661 Baustelle, es könnten 20 weitere Jahre werden.

An einigen Stellen werden die gesetzlich geforderten Lärmwerte nicht eingehalten. Werden höhere Lärmschutzwände ausreichen?

SEMMLER: Aufgrund des vom Baulastträger, dem Bundesverkehrsministerium, festgelegten erweiterten aktiven Lärmschutzes an der Ostumgehung Frankfurt und am Westportal des Riederwaldtunnels konnte die Zahl der Wohneinheiten, bei denen der Grenzwert überschritten wird, nochmals erheblich reduziert werden. An den verbleibenden Objekten wird die Einhaltung der Grenzwerte durch passive Schutzmaßnahmen sichergestellt. Durch die ergänzenden Maßnahmen wird die Lärmbelastung für die Wohnbebauung am Bornheimer Hang und für die Anwohner im Riederwald sowie der Freibereiche deutlich verbessert.

ARDELT-THEECK: Laut Gutachten wären für die Einhaltung aller Grenzwerte zwölf bis 35 Meter hohe Lärmschutzwände notwendig. Unsere Überprüfung der Gutachten zeigt, dass von noch höheren Lärmbelastungen auszugehen ist. Sollen die Betroffenen sich hinter Lärmschutzfenstern einsperren lassen? Die neue Landebahn lässt grüßen.

Wie sehen Sie die Chancen, dass das komplette Erlenbruchdreieck eingehaust wird?

SEMMLER: Bei der zur Diskussion stehenden Einhausung der A 661 zwischen Bornheim und Seckbach handelt es sich um ein Vorhaben der Stadt Frankfurt, durch welches die Voraussetzungen für eine gezielte städtebauliche und landschaftsräumliche Entwicklung geschaffen werden sollen. Der vom Baulastträger vorgesehene Lärmschutz entspricht auch ohne Einhausung den gesetzlichen Vorgaben. Insofern sieht Hessen Mobil hier keinen weiteren Handlungsbedarf.

ARDELT-THEECK: Eine Einhausung ist die einzige Chance, die Lebensqualität zu erhalten. Wie sonst soll man die Bornheimer Wohnbebauung und vor allem die Hochhäuser schützen? Auch die Hallgartenschule oder die Kita Lauterbacherstraße in Fechenheim, die Sportvereine SG Bornheim, FSV und Eintracht Frankfurt, ja das gesamte Naherholungsgebiet sind in ihrer Existenz bedroht.

Die Bürgerinitiativen wünschen einen engeren Dialog und eine Mitsprache bei der weiteren Planung. Was kann das bringen? Wo liegen die Grenzen?

SEMMLER: Dem Informationsbedürfnis der Bürgerinitiativen wurde bisher immer Rechnung getragen. Dies wird auch im weiteren Planungsprozess, in der Bauvorbereitung und der Baudurchführung der Fall sein. Vor allem im bevorstehenden Abstimmungsprozessen zum Bauablauf und der Verkehrsführung werden die Sorgen und Nöte sowie die Hinweise der Betroffenen in Bezug auf die Verkehrssicherheit und Schulwegsicherung berücksichtigt. Uns ist sehr daran gelegen, die Beeinträchtigungen im Zuge der Baumaßnahme für alle Anwohner so gering wie möglich zu halten. Wir wollen daher in engem Kontakt den Dialog mit Anwohnern und Bürgerinitiativen pflegen. Neben turnusmäßigen Informationsveranstaltungen stehen auch feste Ansprechpartner zur Verfügung. Zusätzlich werden wir ein Informationszentrum einrichten, um über das Projekt, die Verkehrsführung und auch den Bauablauf zu informieren

ARDELT-THEECK: Wir sind gesprächsbereit. Lassen Sie uns zeigen, dass es in Deutschland auch anders geht. Befürworter und Kritiker an einen Tisch, und dann eine Planung aus einem Guss. Warum soll nicht in fünf Jahren die Planung für die komplette Einhausung der Autobahnen mit Schadstofffilterung fertig sein? Und dann in fünf Jahren alles bauen. Auch die Finanzierung ist machbar, etwa mit Sonnenkraftwerken auf den Autobahnen. Stückwerk wie bisher werden wir aber nicht zulassen. Und wir haben die besseren Karten.

   
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